Auf einen Blick:
- Mit nur 24 Jahren übernimmt Moritz Schumacher seinen Ausbildungsbetrieb von seinem ehemaligen Chef – eine Schreinerei mit 5 Mitarbeitern, davon 3 Auszubildende.
- Bereits 2 Jahre vor der Übernahme hat sich der Schreinermeister viel Wissen und Können in der Chefetage angeeignet. Sein Ausbilder hat ihn mit den Chefaufgaben vertraut gemacht.
- Viele Entscheidungen haben der erfahrene und der angehende Chef in der Zeit vor der Übergabe gemeinsam getroffen. Und damit einen wichtigen Grundstein für die Arbeit des jungen Meisters gelegt.
- Schumachers Ziel: Er will den Betrieb zunächst stabil weiterführen – und einige Themen im Rahmen der Digitalisierung angehen.
Lange ist es noch nicht her, dass Moritz Schumacher den alleinigen Chefposten der Schreinerei Bellut angetreten hat: Seit dem 1. Januar 2019 ist nur noch er Geschäftsführer des Betriebs in Oberzent im Odenwald. Zwei Jahre zuvor waren er und der Betriebsgründer, Jürgen Bellut, gleichberechtigte Inhaber.
Wunsch zur Selbstständigkeit schon früh vorhanden
Dass der junge Unternehmer einmal selbst einen Betrieb haben will, wusste er schon während der Ausbildung. Die hat Schumacher in dem Betrieb gemacht, den er nun führt. Völlig überraschend kam für ihn jedoch das Angebot seines Chefs während seiner Ausbildungszeit, den Betrieb einige Jahre später zu übernehmen.
„Ich habe mir Bedenkzeit ausgebeten und mit Freunden, Familie und Kollegen gesprochen“, erinnert sich Schumacher. Die Ausrichtung der Schreinerei, ihre Unternehmenskultur, das Team und die Produkte hatten ihm zugesagt. Daher ließ er sich nicht viel Zeit für die positive Rückmeldung.
Erfahrungen als Grundlage für unternehmerische Entscheidungen
Nach der Ausbildung entschied sich Moritz Schumacher zunächst dazu, Erfahrungen in einem anderen Betrieb zu sammeln. Der Meister in Vollzeit folgte danach. Aber bevor er in den Ausbildungsbetrieb zurückging, nahm er sich ein halbes Jahr Auszeit im Ausland: Mit einem Kumpel ging es zum Reisen in die USA. In der Zeit habe er viele Eindrücke und Erfahrungen gesammelt – auch für die anstehende Übernahme des Betriebs in der Heimat.
Sechs Monate war Schumacher noch angestellt, bevor er im Januar 2017 mit in die Geschäftsführung einstieg. Zu dem Zeitpunkt fühlte sich der junge Handwerksmeister gestärkt genug, sich auf zukünftige Herausforderungen vorzubereiten.
Das Erfolgsrezept: Wohl geplante Etappen bis zum Chefposten
Mit seinem Einstieg in die Geschäftsführung begann auch die Zeit der gemeinsamen Entscheidungen für Junior- und Seniorchef. „Mein Meister hat mich in Prozesse miteinbezogen und bei Zukunftsentscheidungen meine Meinung abgewartet“, erinnert sich Schumacher. Ob neue Kataloge, Produkte oder Materialien – der junge Meister war aufgefordert, seine Einschätzung abzugeben und damit auch Position zu beziehen.
„Das hat mir unheimlich geholfen und mich auf die anstehenden Herausforderungen vorbereitet“, betont der Unternehmer. In diesem zweijährigen Übernahmeprozess sei ihm mehrfach klargeworden, dass er genau die richtige Entscheidung getroffen habe.
Mitarbeiterführung auf Augenhöhe
Den Respekt vor der Führungsverantwortung hat sein Team ihm schnell genommen: Die Mitarbeiter haben den jungen Mann an der Spitze des Betriebs von Beginn an akzeptiert. „Als ich 2017 mit in die Chefetage kam, war ich der Jüngste“, erinnert sich Schumacher. Aber dann kam noch ein Lehrling, der jünger war als er und ihn gleich als Chef kennengelernt hat.
Zu seinem Team hat Schumacher einen guten Draht. Alle arbeiten eng zusammen und liegen auf einer Wellenlänge. Den Gesellen im Team, der schon lange Jahre in der Schreinerei arbeitet, hat Schumacher frühzeitig angesprochen. Mögliche Querelen wollte der angehende Chef vermeiden.
Herausforderungen ändern sich mit dem Blickwinkel
Der Schreinermeister hätte vor seiner Selbstständigkeit nicht gedacht, dass die tägliche Arbeitsvorbereitung und die Einteilung der Arbeit einen so großen Stellenwert im Chefalltag einnehmen. „Es muss immer Material da sein, die Maschinen müssen ausgelastet sein und jeder Mitarbeiter braucht etwas zu tun.“ Was zunächst banal klinge, sei für den jungen Chef ein täglicher Spagat. Besonders, wenn Lieferungen kurzfristig ausfallen, stehe er vor großen Herausforderungen.
Wofür es lohnt, sein eigener Chef zu sein, hat der 24-Jährige schon in den ersten Wochen seiner Selbstständigkeit erfahren: „Ich kann im Prinzip das machen, was ich möchte. Ich arbeite für mich, weil ich mir etwas aufbauen möchte – und sehe das Ergebnis zeitnah. Und dafür hänge ich gern abends mal zwei Stunden hintendran“, betont Schumacher. Als Chef sei er recht flexibel und habe eine ganz andere Motivation für die Arbeit. Seine neuen Freiräume nutzt der Unternehmer auch gern aus.
Ziele nicht zu hoch angesetzt
Auf die Frage nach seinen Zielen, bleibt Schumacher bescheiden: „Mein oberstes Ziel ist, den Betrieb allein so gut zu führen, dass er erfolgreich weiterläuft.“ Größere strukturelle oder strategische Veränderungen seien in nächster Zeit nicht geplant.
Einzig in puncto Digitalisierung hat sich Moritz Schumacher etwas Konkretes vorgenommen: In dem Bereich will er aufstocken. Ein digitales Zeichenprogramm, mit dem er Möbel virtuell in die Räume der Kunden einsetzen kann, wurde bereits angeschafft. Auch eine App, die Kunden einen 360-Grad-Rundgang durch ihre Räume mit den neuen Möbeln der Schreinerei ermöglicht, hat der Betrieb bereits.
Das digitale Aufmaß will der Unternehmer jetzt angehen. Denn der Betrieb hat sich auf den Treppenbau spezialisiert. Viele Arbeitsschritte macht Schumacher bisher noch mit der Hand, bevor die Daten an die CNC-Maschine übergeben werden. Das soll sich in naher Zukunft ändern.
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