Liegt die Ausbildungsvergütung weit unter der tariflichen Vergütung, kann eine Nachzahlung rechtmäßig sein.
Foto: grafikplusfoto - stock.adobe.com
Liegt die Ausbildungsvergütung weit unter der tariflichen Vergütung, kann eine Nachzahlung rechtmäßig sein.

Urteil

Ausbildungsvergütung: Können Azubis Nachzahlung fordern?

Azubis haben das Recht auf eine angemessene Vergütung. Doch darf ein Azubi nachträglich eine Nachzahlung verlangen? Darüber entschied jetzt ein Gericht.

Der Fall: Ein Auszubildender im Kfz-Handwerk verlangt von seinem Betrieb eine Nachzahlung der Ausbildungsvergütung in Höhe von 8.433,60 Euro brutto. Laut Ausbildungsvertrag arbeitet er täglich acht Stunden, bei wöchentlich 40 Stunden. Dafür erhält er im 1. Ausbildungsjahr eine Vergütung von 450 Euro, im 2. Ausbildungsjahr 490 Euro, im 3. Ausbildungsjahr 550 Euro und im 4. Ausbildungsjahr 600 Euro.

Seine Forderung begründet er damit, dass die vertraglich vereinbarte Ausbildungsvergütung nach Vorgaben des Berufsbildungsgesetzes nicht ausreiche. Sie unterschreite die 80 Prozent der tariflich vorgesehenen Vergütung. Im geltenden Tarifvertrag seien zudem nur 37,5 Arbeitsstunden pro Woche vorgesehen. Weil der Ausbildungsbetrieb seiner Forderung nicht nachkommt, zieht der Lehrling vor Gericht.

Download: Was würde Sie eine Lohnerhöhung kosten?

Alles wird teuer – und Mitarbeiter fragen nach mehr Lohn. Was Sie das als Chef kosten würde, verrät unser kostenloses Excel-Tool zum Download.
Artikel lesen

Das Urteil:  Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern gibt dem Auszubildenden Recht und verurteilt den Betrieb zur Nachzahlung der Vergütung. Die Richter berufen sich auf § 17 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG), wonach Auszubildende „Anspruch auf eine angemessene Ausbildungsvergütung“ haben.

In diesem Fall sei sie nicht angemessen, weil sie die im einschlägigen Tarifvertrag enthaltene Vergütung um mehr als 20 Prozent unterschreitet. Da der Betrieb mit seiner Zahlung zu weit von dem Tarifvertrag abgewichen ist, sei die Vergütung unangemessen. Zurecht habe der Auszubildende die Vergütung an der tariflich vorgegeben Wochenarbeitszeit von 37,5 Stunden hochgerechnet. (Urteil vom 21. Juni 2022, Az.: 2 Sa 251/21)

Tipp: Sie wollen keine wichtigen Infos zum Thema Arbeitsrecht verpassen? Dann abonnieren Sie hier den handwerk.com-Newsletter. Jetzt hier anmelden!

Auch interessant:

Ein Bagger-Spielplatz als Azubi-Magnet

Wo Schüler Bagger fahren und Drohnen steuern: Mit seinem Bagger-Spielplatz lockt dieser Betrieb Praktikanten – und räumt mit veralteten Vorstellungen auf.
Artikel lesen

Azubi kommt nicht – Betrieb sucht über Social Media weiter

Ein Lehrling erscheint gar nicht zum Ausbildungsstart, ein zweiter kommt nur zwei Tage. So etwas hat dieser Malerbetrieb noch nicht erlebt – und gibt die Suche nicht auf.
Artikel lesen

Einigung im Dachdeckerhandwerk: Das gilt ab 1. November 2022

Inflationsprämie, höhere Löhne, mehr Geld für Azubis und Änderungen bei der Winterbeschäftigungsumlage – das sieht die Tarifeinigung im Dachdeckerhandwerk vor.
Artikel lesen

Frustriert von der Mitarbeitersuche?

handwerk.com und die Schlütersche helfen Ihnen Ihre offenen Stellen einfach, zeit- und kostensparend mit den richtigen Kandidaten zu besetzen! Mehr als 500 Betriebe vertrauen uns bei der Mitarbeitersuche!

Jetzt Bewerber finden!

Wir haben noch mehr für Sie!

Praktische Tipps zur Betriebsführung und Erfahrungsberichte von Kollegen gibt es dienstags und donnerstags auch direkt ins Postfach: nützlich, übersichtlich und auf den Punkt.
Melden Sie sich jetzt für unseren Newsletter an - schnell und kostenlos!
Wir geben Ihre Daten nicht an Dritte weiter. Die Übermittlung erfolgt verschlüsselt. Zu statistischen Zwecken führen wir ein anonymisiertes Link-Tracking durch.
Ein Arbeitszeugnis muss zugleich wahr und wohlwollend sein. Dass Arbeitnehmende Änderungen verlangen, ist kein Einzelfall.

Urteil

Nach Zoff um Arbeitszeugnis Schlussformel gestrichen – zu Recht?

Mitarbeiter haben kein Recht auf gute Wünsche im Arbeitszeugnis. Ob Chefs sie nachträglich streichen dürfen, entschied das Bundesarbeitsgericht.

    • Personal, Recht, Arbeitsrecht
Einblicke in den Betrieb und die Arbeit sind ein wichtiger Erfolgsfaktor für Handwerker in Social Media.

Lehrstelle frei?

So geht’s: Azubis gewinnen über Social Media

Auf Next Level Handwerk teilen zwei Azubis Praxis-Beispiele zur Azubi-Gewinnung aus Tiktok, Instagram oder Youtube. Eine wissenschaftliche Einschätzung gibt’s noch dazu.

    • Personal, Personalbeschaffung, Digitalisierung + IT, Kommunikation
„Unterirdisches“ Arbeitszeugnis: Nach zwei Jahren klagte ein Mann vor Gericht und forderte eine Korrektur. Zu Recht?

Urteil

Schlechtes Arbeitszeugnis: Wie lange muss der Arbeitgeber korrigieren?

Gegen ein schlechtes Arbeitszeugnis darf ein ehemaliger Mitarbeiter klagen. Wie lange er sich dabei Zeit lassen darf, hat jetzt ein Gericht entschieden.

    • Recht, Arbeitsrecht
Anpassung zum Jahreswechsel: Ab dem 1. Januar 2024 steht Azubis im ersten Lehrjahr eine Vergütung von mindestens 649 Euro im Monat zu.

Personal

Azubi-Mindestlöhne: Was müssen Betriebe ab 2024 zahlen?

Für Betriebe, die ihren Azubis eine Mindestausbildungsvergütung zahlen, wird es 2024 teurer. Die Höhe der Mehrkosten: bis zu 41 Euro pro Azubi und Monat.

    • Personal, Politik und Gesellschaft