Bauhandwerker dürfen künftig zwar noch Gerüste aufstellen, doch müssen sie ab 1. Juli 2024 einige Punkte beachten.
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Bauhandwerker dürfen künftig zwar noch Gerüste aufstellen, doch müssen sie ab 1. Juli 2024 einige Punkte beachten.

Politik und Gesellschaft

Aufstellen von Arbeits- und Schutzgerüsten: Das ändert sich ab 1. Juli 2024

Handwerksbetriebe, die bisher Baugerüste aufgestellt oder verliehen haben, aufgepasst: Darum sollten Sie prüfen, ob Sie künftig eine zusätzliche Rolleneintragung benötigen.

Auf einen Blick:

  • Baugerüste aufstellen dürfen derzeit auch andere Gewerke außer die Gerüstbauer selbst. 
  • Ab 1. Juli 2024 tritt eine Änderung in Kraft: Danach soll es nicht mehr erlaubt sein, dass gewerkefremde Betriebe Gerüste fernab ihrer Leistung an Dritte vermieten – wenn sie bestimmte Bedingungen nicht erfüllen.
  • Künftig kann es sein, dass Betriebe eine zusätzliche Rolleneintragung benötigen. Um Nachweise dafür sollten sich betroffene Unternehmen schon jetzt kümmern. 

Gerüste sind auf vielen Baustellen unverzichtbar. In Deutschland gibt es dafür gut 3.400 Gerüstbaubetriebe. Jedoch dürfen auch Maler, Maurer, Elektriker und 19 andere Gewerke wesentliche Aufhaben der Gerüstbauer übernehmen. Sie können Arbeits- und Schutzgerüste für den eigenen Bedarf errichten, Folgegewerken überlassen und als alleinige Leistung Dritten anbieten.

Das ändert sich ab 1. Juli 2024: „Ab diesem Stichtag dürfen andere Bauhandwerke – die Gerüstbauer ausgenommen –Arbeits-und Schutzgerüste nur noch zur Ausführung ihrer eigenen Tätigkeiten aufstellen“, sagt Klaus Schmitz, Referatsleiter in der Abteilung Organisation und Recht beim Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH).

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Welche Gewerke sind betroffen?

Die Änderungen im Gerüstbau betreffen 22 Gewerke: Maurer und Betonbauer, Zimmerer, Dachdecker, Straßenbauer, Wärme-, Kälte- und Schallschutzisolierer, Brunnenbauer, Steinmetze- und Steinbildhauer, Stuckateure, Maler und Lackierer, Schornsteinfeger, Metallbauer, Kälteanlagenbauer, Klempner, Installateure und Heizungsbauer, Elektrotechniker, Gebäudereiniger, Tischler, Glaser, Fliesen-, Platten- und Mosaikleger, Betonstein- und Terrazzohersteller, Estrichleger sowie Schilder- und Lichtreklamehersteller. Geregelt ist das im sogenannten Übergangsgesetz, das in der 5. Novelle der Handwerksordnung geändert wurde.

Diese 22 Gewerke hatten im Gerüstbau bisher einen Sonderstatus, der auf das Jahr 1998 zurückgeht. Damals führte der Gesetzgeber die Meisterpflicht im Gerüstbau ein. Zugleich schuf er jedoch im sogenannten Übergangsgesetz zur Handwerksordnung (HwO) weitreichende Ausnahmen für andere Gewerke. Erst 2021 hat der Gesetzgeber diese Freiheit mit der 5. Novelle der HwO deutlich eingeschränkt – und dafür den Stichtag 1. Juli 2024 benannt.

Eckpunktepapier regelt die wichtigsten Punkte

Wenn die Änderung in Kraft tritt, dürfen die 22 Gewerke Gerüstbauarbeiten zwar weiterhin ausüben, aber gemäß der 5. HwO-Novelle „nur zur Ermöglichung der jeweils zu diesen Gewerben gehörenden Tätigkeiten“. Was genau das bedeutet, verrät das Gesetz nicht.

Diese Lücke schließt nun ein im August veröffentlichtes gemeinsames Eckpunktepapier der Handwerksorganisationen. Das Papier stellt laut Schmitz eine Richtschnur dafür dar, welche Gerüstbauarbeiten Betriebe ohne Rolleneintragung als Gerüstbauer erbringen können und in welchen Fällen ihnen ihre Handwerkskammer eine Ausnahmegenehmigung oder eine Ausübungsberechtigung als Gerüstbauer erteilen kann.

Die 22 Bau- und Ausbaugewerke würden dabei privilegiert behandelt, betont Schmitz, da ein Großteil von ihnen bereits im Arbeitsalltag mit dem Aufstellen von Gerüsten vertraut sei. In einigen Gewerken werde zudem Fachwissen rund um den Gerüstbau in der Ausbildung und den Meisterkursen vermittelt.

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Wer darf weiterhin Arbeits- und Schutzgerüste aufstellen?

Folgende Eckpunkte haben die Handwerksorganisationen im Gerüstbau für die 22 Gewerke vereinbart:

  • Fall 1: Wer zu diesen Gewerken gehört und Gerüste für eigene Tätigkeiten erreichtet, kann dies weiterhin ohne Eintragung als Gerüstbauer tun.
  • Fall 2: Auch, wer sein Gerüst für einen Auftrag errichtet und dann Dritten zur Nutzung überlässt, benötigt keine Eintragung im Gerüstbau. Zum Beispiel kann ein Malerbetrieb das von ihm aufgestellte Gerüst für Nachgewerke wie Fassaden- oder Fensterbauer stehen lassen. Einschränkung: Der Betrieb darf für diese Dienstleistung nicht separat werben und ihr Anteil am eigenen Auftragsvolumen darf nicht mehr als 20 Prozent betragen.
  • Fall 3: Wer Gerüste für Dritte errichtet, ohne zugleich Leistungen im eigenen Gewerk zu erbringen, benötigt dafür eine Rolleneintragung im Gerüstbau.

Wer braucht künftig eine Eintragung in die Handwerksrolle?

Betriebe, die bisher auf Grundlage des Übergangsgesetzes Tätigkeiten des Gerüstbauer-Handwerks ausgeübt haben und nach dem 1. Juli 2024 isoliert Gerüstbau-Leistungen erbringen möchten, müssen sich in die Handwerksrolle eintragen lassen. Das setzt den Meisterbrief oder eine vergleichbare Qualifikation im Gerüstbauer-Handwerk voraus.

Ausnahmegenehmigungen sind laut Eckpunktepapier möglich. Die erforderlichen Nachweise über Gerüstbauer-Tätigkeiten und in der Vergangenheit erworbene Kenntnisse könnten Betriebe auf verschiedenen Weisen erbringen: anhand von Materialrechnungen und -listen, Arbeitsverträgen, Schulungsnachweisen, Fotodokumentationen, Mietverträgen oder Rechnungen.

Schmitz weist darauf hin, dass es keine Ausschlussfrist gibt: Betriebe, die erst Ende 2024 oder Anfang 2025 eine Ausnahmegenehmigung oder eine zusätzliche Rolleneintragung benötigen, können auch dann noch einen Antrag stellen. Um die Nachweise sollten sich Betriebe rechtzeitig kümmern.

Malermeister sieht „keine Probleme“

Bleibt noch eine Frage: Haben die Änderungen Auswirkungen, wenn ein Handwerksbetrieb seine Arbeiten ein Gerüst vom Gerüstbauer errichten und dann für Folgegewerke stehen lässt?

Malermeister Ralph Sensing sieht mit den neuen Gerüstbau-Regelungen keine Probleme auf seinen Betrieb zukommen.
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Malermeister Ralph Sensing sieht mit den neuen Gerüstbau-Regelungen keine Probleme auf seinen Betrieb zukommen.

Malermeister Ralph Sensing führt einen 22-Mann-Betrieb in Langenhagen. Eigene Gerüste hat er – wie die meisten Kollegen in seinem Gewerk – nicht. „Wenn wir Fassaden streichen oder ähnliche Aufträge haben, lassen wir Objekte generell von Gerüstbaubetrieben einrüsten“, berichtet Sensing, der auch Landesinnungsmeister der Maler in Niedersachsen ist. Das gehe schneller und binde keine Kapazitäten. Und er sei froh, dass er dafür einen zuverlässigen und kompetenten Partner habe.

Sensing sieht auch künftig keine Probleme für seine Baustellen, auf denen Nachgewerke nach den Malerarbeiten tätig werden. „Wenn wir beispielsweise Einfamilienhäuser einrüsten, nutzt das Gerüst manchmal noch der Fensterbauer oder jemand montiert nachträglich eine Markise“, berichtet der Unternehmer. Da sein Betrieb nie ausschließlich Gerüste an andere Gewerke überlässt, werde die Neuerung ab Mitte 2024 „keinen großen Einfluss“ auf seine Arbeit haben.

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