Auf einen Blick:
- Das Finanzamt benötigt keinen konkreten Anfangsverdacht für eine Außenprüfung. Einzige Voraussetzung ist, dass es sich um einen gewerblichen Betrieb handelt.
- Besteht ein Anfangsverdacht, muss das Finanzamt nicht schon bei der Prüfungsanordnung darüber informieren.
- Im konkreten Fall hatte das Finanzamt einen Tipp erhalten. Doch in der Regel machen die Steuerpflichtigen sich selbst durch ungewöhnliche betriebswirtschaftliche Zahlen verdächtig. Die Betriebsgröße spielt dabei keine Rolle.
Benötigt ein Finanzamt einen konkreten Anfangsverdacht für eine Außenprüfung in einem Unternehmen? Die Antwort gibt ein Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH): In einem aktuellen Fall hatte es zwar einen Anlass gegeben – einen Hinweis auf Steuerhinterziehung. Doch der sei gar nicht nötig, entschied das Gericht.
Der Fall: Das Finanzamt erhält einen Hinweis, dass ein Betrieb Steuern hinterzieht. Daraufhin führt es eine Außenprüfung durch. Später wird ein Steuerstrafverfahren eröffnet. Weitere Überprüfungen folgen, auch eine Durchsuchung. Der Betriebsinhaber klagt: Die Anordnung einer Außenprüfung sei unrechtmäßig, weil das Finanzamt ihn aufgrund falscher Anschuldigungen eines Dritten einer Steuerstraftat verdächtigt habe, ohne ihn vor der Überprüfung zu informieren und über seine Rechte zu belehren.
Das Urteil: Nur eine zwingende Voraussetzung für eine Betriebsprüfung
Der BFH stellt in seinem Urteil klar gestellt, dass Finanzämter Außenprüfungen unabhängig davon anordnen dürfen, ob der Anfangsverdacht einer Steuerstraftat besteht.
Wann eine Außenprüfung zulässig ist, regelt demnach Paragraf 193 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO): Dort steht als einzige Voraussetzung, dass der Steuerpflichtige einen gewerblichen oder einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhält. Weitere Anforderungen enthalte diese Norm nicht. Es handele sich um eine „tatbestandlich voraussetzungslose Prüfungsermächtigung“, so der BFH. „Für die Anordnung einer Außenprüfung ist unerheblich, ob hinsichtlich der betroffenen Steuerarten und Besteuerungszeiträume der Anfangsverdacht einer Steuerstraftat besteht.“ Daher seien Außenprüfungen grundsätzlich unbeschränkt zulässig, sofern sie nicht willkürlich erfolgen und verhältnismäßig sind.
Im Verdachtsfall spielt es laut BFH zudem keine Rolle für die Zulässigkeit einer Betriebsprüfung, ob das Finanzamt einen Steuerpflichtigen darüber ausreichend rechtlich belehrt.
Daher sei die Prüfungsanordnung in diesem Fall rechtmäßig und die Steuerfahndung dürfe die dabei gesammelten Erkenntnisse verwerten. (Urteil vom 14. April 2020, Az. VI R 32/17)
Nicht jeder Hinweis führt zur Außenprüfung
In dem Fall, der vor dem BFH verhandelt wurde, hatte das Finanzamt die Betriebsprüfung aufgrund eines Hinweises gegenüber einem anderen Finanzamt durchgeführt. Der Hinweisgeber hatte behauptet, dass der Betriebsinhaber Kosten der privaten Lebensführung als Betriebsausgaben geltend gemacht habe.
Ungewöhnlich sind solche Hinweise nach Einschätzung vieler Steuerberater nicht. Jedoch verfolge das Finanzamt nicht jeden anonymen Tipp, dazu fehle ihnen in der Regel das Personal.
Anders sieht die Lage aus, wenn ein Hinweis sehr konkret ausfällt und der Tippgeber aus dem direkten Umfeld des Betroffenen zu stammen scheint, etwa von ehemaligen Mitarbeitern, Geschäftspartnern oder Ex-Gatten, die gute Einblicke in die finanziellen Verhältnisse der angezeigten Person haben.
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