Auf einen Blick:
- Offene Rechnungen und hohe Außenstände können Ihren Betrieb in ernste Liquiditätsengpässe bringen.
- Behalten Sie deshalb offene Rechnungen im Blick und kontrollieren regelmäßig den Geldeingang.
- Erinnern Sie zunächst telefonisch, wenn der Kunde nicht zahlt.
- Wenn Sie eine 1. Mahnung schicken, kann der Kunde versucht sein, noch länger mit der Zahlung zu warten – auf die 2. oder 3. Mahnung.
- Wenn weder mündliches noch schriftliches Mahnen hilft, bleiben als Auswege das gerichtliche Mahnverfahren oder eine Klage.
Auftrag erledigt, Rechnung geschrieben, doch das Geld kommt nicht. Ein ärgerlicher Fall, der in Handwerksbetrieben regelmäßig auftritt. Wenn Sie auf offene Rechnungen nicht reagieren, können Ihnen große Summen im Betrieb fehlen – für die Sie unter Umständen trotzdem schon Umsatzsteuer zahlen müssen. Rechtsanwalt Harald Rotter arbeitet für Handwerksbetriebe und gibt Tipps, wie Sie an Ihr Geld kommen und dabei gutwillige, aber vergessliche Kunden nicht vergraulen..
1. Behalten Sie Ihre offenen Rechnungen im Blick
Wie gehen Sie im Betrieb mit offenen Rechnungen um? Haben Sie alles im Blick? „Ich empfehle, alle offenen Rechnungen an einem Ort – sei es digital oder auf Papier – zu sammeln und wöchentlich zu prüfen, ob bezahlt wurde“, sagt Rotter. „Außenstände verjähren zwar erst nach drei Jahren, doch Sie vergraulen einen gutwilligen Kunden, wenn die Rechnung erst mal monatelang offen bleibt und dann die Mahnung aus heiterem Himmel kommt.“
2. Erinnern Sie säumige Zahler telefonisch
Das Zahlungsziel ist überschritten, aber kein Geld auf dem Konto? „Dann müssen Sie handeln“, meint der Anwalt. Wobei er davon abrät, per Post eine 1. Mahnung zu verschicken. „Wenn ich so etwas sehe, denke ich immer: Na, dann kann man ja in Ruhe die 2. oder 3. Mahnung abwarten, damit ich bloß nicht zu früh zahle.“
Er empfiehlt, zum Telefon zu greifen. „Ob der Chef das selbst tut oder ein Mitarbeiter im Büro, ist unwichtig. Wichtig ist aber, das Thema freundlich anzusprechen und nicht gleich mit der Tür ins Haus zu fallen“, rät Rotter. Ein Einstieg könne sein: „Ich überprüfe gerade die Daten auf der Rechnung – was liegt denn Ihnen als Zahlungsziel vor?“ So werde dem Kunden klar, dass die Frist überschritten ist. „Wenn dann nach zwei weiteren Wochen noch immer kein Geld eingetroffen ist, muss das zweite Telefonat folgen“, so der Anwalt. „Wir hatten doch telefoniert, aber es ist noch kein Geld eingegangen. Was ist passiert?“ Und dann vereinbaren Sie einen fixen Zahlungstermin. Sollte auch der verstreichen, müssen Sie am Telefon auch deutlich werden. „Erinnern Sie an die Vereinbarung – und lassen durchblicken, dass die Geduld jetzt aufgebraucht ist.“
3. Mahnen Sie offene Rechnungen schriftlich
Falls auch nach einem Mahntelefonat mit Zahlungstermin kein Geld auf Ihrem Konto eintrifft, empfiehlt Rotter schriftlich mit letzter Zahlungsfrist zu mahnen. „Verweisen Sie auf die Telefonate und die Möglichkeit, ein offizielles gerichtliches Mahnverfahren zu eröffnen oder Klage zu erheben“, so Rotter. Wer mehr Druck machen möchte, kann dieses Schreiben auch von einem Anwalt aufsetzen lassen: „Ein guter Hausanwalt wird dem Schuldner ein individuelles Mahnschreiben schicken. Darin rechnet er dem Schuldner vor, welche Kosten jetzt auf ihn zukommen, wenn er nicht freiwillig zahlt: Gerichtskosten, Anwaltskosten Kläger, Anwaltskosten Schuldner. Da wird mancher Schuldner vor der Kostenfalle einknicken und Ratenzahlung anbieten.“
4. Mahnverfahren einleiten
Wenn auch auf eine schriftliche Mahnung mit klarer Zahlungsfrist keine Reaktion erfolgt, können Sie ein gerichtliches Mahnverfahren einleiten. „Der Handwerker kann den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides ohne Anwalt stellen“, erklärt Rotter. „Dafür gibt es ein Papierformular, das im Schreibwarenhandel zu bekommen ist. Auch online ist das über die Seite online-mahnantrag.de möglich.“
Er warnt davor, sich beim Googeln auf falsche Seiten locken zu lassen: „Hinter seriös amtlich wirkenden Adressen verbergen sich kostenpflichtige ,Dienstleister‘, die sich in den Suchmaschinen vor diese offizielle Seite drängen und so tun, als seien sie das Mahngericht.“
Der Antrag muss dann, wenn Sie die Papierform gewählt haben, an das zuständige Mahngericht geschickt werden – in Niedersachsen ist das das Amtsgericht Uelzen, in Sachsen-Anhalt das Amtsgericht Aschersleben. „Das Gericht schickt dem Schuldner einen Mahnbescheid“, erläutert Anwalt Rotter. „Wenn dieser keinen Widerspruch einlegt, ergeht nach zwei Wochen ein Vollstreckungsbescheid, mit dem man sich an einen Gerichtsvollzieher wenden kann.“
Anders sieht es aus, wenn der Schuldner Widerspruch einlegt: „Dann wird das Verfahren gestoppt und geht vor Gericht“, so Rotter.
Der Anwalt rät, nicht allein zu agieren: „Schließen Sie mit ihrem Hausanwalt eine Pauschalhonorarvereinbarung für die Stellung eines Mahn- und Vollstreckungsantrags.“ Formulare und Online-Anträge seien komplex, beispielsweise bei der korrekten Berechnung der Zinsen.“
5. Gerichtsverfahren anstreben
Alternativ können Sie den Weg direkt vor Gericht wählen, ohne vorher ein Mahnverfahren einzuleiten. Das sei nur sinnvoll, wenn damit zu rechnen ist, dass der Schuldner Einwendungen gegen die Forderung erhebt, so Rotter. „Dann verliert man im Mahnverfahren nur Zeit.“ Ansonsten sei das Mahnverfahren schneller und erheblich billiger.
„Je nach Streitwert ist das Amts- oder das Landgericht zuständig“, erklärt der Anwalt. Vor dem Amtsgericht könne man sich auch selbst vertreten, vor dem Landgericht muss ein Anwalt dabei sein. „Es ist aber in jeden Fall ratsam, sich vor einer Klage von einem Anwalt beraten zu lassen“, betont Rotter. Wenn das Gericht im Prozess für den Handwerker entscheidet, erhält dieser einen Vollstreckungstitel, mit dem ein Gerichtsvollzieher die Forderung eintreiben kann. Zudem muss der Kunde die Prozesskosten erstatten.
Kunde macht Mängel geltend
Sie telefonieren und mahnen, aber der Kunde zahlt nicht, weil er Mängel geltend macht. „Der Kunde darf bei Mängeln einen Teil der Summe einbehalten bis der Mangel beseitigt ist.“, sagt Rotter. Die Höhe hänge von der Schwere des Mangels ab. „Sie müssen sich als Handwerksbetrieb auf jeden Fall darum kümmern, wenn ein Kunde Mängel beklagt.“
Er rät, sich in so einem Fall möglichst außergerichtlich zu einigen. „Denn vor Gericht muss ein Sachverständiger hinzugezogen werden, und den bezahlt erst einmal der Handwerker.“ Entscheidet das Gericht gegen den Betrieb, kann es also teuer werden.
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