Auf einen Blick:
- Berichtshefte sind Bestandteil jeder Ausbildung im Handwerk. Wer sich für ein digitales Berichtsheft entscheidet, hat viele Vorteile.
- Es spart Aufwand, die Reaktionszeit auf Berichte ist kürzer und Ausbilder sowie Azubi können von unterwegs oder aus dem Büro daran arbeiten.
- Die Bedenken einiger Betriebe lassen sich schnell auflösen. In der Praxis können Betriebe zwischen einigen Apps wählen. Bei der Auswahl entscheidend ist, ob ihnen ein digitales Berichtsheft reicht, oder ob sie weitere Funktionen wünschen.
Um ein Berichtsheft kommt kein Azubi herum: Es ist Bestandteil des Ausbildungsverhältnisses, Voraussetzung für die Prüfungszulassung. Betriebe wiederum sind verpflichtet, die Ausbildungsnachweise zu prüfen und an die Erstellung zu erinnern. Doch in welcher Form Berichtshefte geführt werden, können Betriebe entscheiden: analog oder digital.
1. Vorteile digitaler Berichtshefte
„Wer sich für die digitale Variante entscheidet, sorgt vor allem für weniger Verwaltungsaufwand“, sagt Claudia Scholz, Projektleiterin bei der Handwerkskammer Hannover Projekt- und Servicegesellschaft. Weitere Vorteile aus ihrer Sicht:
- Besserer Überblick über die Ausbildung für alle Beteiligten durch beispielsweise eine transparente Ausbildungsplanung und die Einbindung von Ausbildungsrahmenplänen.
- Außerdem ermöglicht die App einen Überblick über bereits geschriebene Texte, welche kontrolliert und welche freigegeben werden können und von wem.
- Zeitnahe Rückmeldung über Gelerntes: beim Erstellen der Berichte, auf der Baustelle, in der Werkstatt.
- Azubis nutzen ein gewohntes Schreibwerkzeug.
- Der Ausbilder bekommt vom Azubi ein lesbares, ordentlich geführtes Berichtsheft, das digital durchsuchbar ist.
- Die Attraktivität der Berichtsheftführung und der Ausbildung wird insgesamt gesteigert.
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2. Bedenken zerstreuen: Das ist in der App möglich
Dass in vielen Handwerksbetrieben Berichtshefte nach wie vor handschriftlich erstellt werden, könnte vor allem daran liegen, dass Betriebsinhaber Vorbehalten gegen die digitale Alternative haben. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass wir Bedenken rasch zerstreuen und in Begeisterung umwandeln können“, betont Scholz. Folgende Bedenken hat die Projektleiterin schon gehört:
Beispiel 1: Azubis verlernen die Rechtschreibung
Gegenargument: Durch das regelmäßige Verfassen der Berichte in der App wird Schreiben geübt. Der Ausbilder kann Rechtschreibfehler markieren und bei zu vielen Fehlern zum Neuschreiben auffordern. Azubis können die Rechtschreibkontrolle des Smartphones oder PCs nutzen. Zudem sollten Betriebe daran denken, dass sie mit dem Berichtsheft nicht die Versäumnisse aus der Schule nachholen können.
Beispiel 2: Es wird dann nur noch aus dem Internet kopiert
Gegenargument: Der Administrator kann bestimmen, ob die Kopierfunktion an- oder ausgeschaltet ist. Zudem können Ausbilder meist einschätzen, wer sich leichter oder schwerer mit dem Berichtsheft tut und gezielte Stichproben nehmen, falls ihnen etwas „zu perfekt“ und damit kopiert vorkommt.
Beispiel 3: Man muss noch mit der Hand schreiben können
Gegenargument: Es gibt auch im digitalen Berichtsheft die Möglichkeit, mit der Hand verfasste Elemente, wie beispielsweise Skizzen, Notizen, Fachberichte, zu integrieren.
Beispiel 4: Die Berichte werden oberflächlich hingehuscht
Gegenargument: Die Azubis notieren auf digitalen Endgeräten zeitnah ihre Informationen und formulieren sie später ausführlicher aus. Zudem haben Ausbilder die Möglichkeit, zeitnah auf die Berichte einzugehen und schneller eine Rückmeldung zu geben, wenn etwas fehlen sollte.
3. Grundfunktionen von Berichtsheft-Apps
Innerhalb aller Apps, die am Markt verfügbar sind, ist es möglich, neben dem Ausbilder und Azubi noch weitere Personen mit verschiedenen Berechtigungen hinzuzufügen – zum Beispiel nur Lesen oder Korrigieren. „Das kann auch die Lehrkraft sein oder die Ausbildungsleitung“, sagt Scholz.
Weitere Funktionen:
- Innerhalb der Apps sind Tages-, Wochen-, Monats- und Fachberichte vorgesehen.
- Es können Dokumente wie Fotos, Zeichnungen und Skizzen eingefügt werden.
- Es gibt eine Übersicht über Berichte mit dem Hinweis, ob sie eingereicht, genehmigt oder abgelehnt wurden.
- Der Zugang ist von sämtlichen digitalen Endgeräten wie Smartphone, Tablet, Notebook oder PC möglich.
- Die technischen Voraussetzungen sind gering: Smartphones mit Betriebssystemen aller Anbieter sind nutzbar.
- Die Berichte können auf einem Gerät begonnen und auf einem anderen Gerät beendet werden – genutzt wird immer der gleiche Account per An- und Abmeldung.
- Fertige Berichte können als PDF gespeichert, exportiert und als Heft gedruckt werden.
4. Das sollten Sie bei der Auswahl der App beachten
Das Angebot von Berichtsheft-Apps auf dem Markt ist groß. Dennoch fällt den Betrieben die Auswahl nicht schwer, weiß Claudia Scholz. Denn die meisten Apps basieren auf zwei bis drei namhaften Programmen und bauen aufeinander auf. Auf welche App am Ende die Auswahl fällt, hänge vom Bedürfnis des Betriebs ab. Arbeitgeber sollten sich beispielsweise fragen:
- Was wollen wir mit der App abbilden – soll es ein Berichtsheft-Ersatz sein oder soll der gesamte Lehrplan damit abgebildet werden?
- Reichen uns die Grundfunktionen oder legen wir Wert auf weitere Zusatzmodule?
Oft hänge die Entscheidung auch mit der Größe des Betriebs oder dem Gewerk zusammen. Einige Anbieter beispielsweise kooperieren mit handwerklichen Branchen und bieten branchenspezifische Apps an. „Das Angebot kommt dann über Kreishandwerkerschaften oder Innungen“, berichtet sie. Manchmal seien die Branchen-Apps günstiger oder böten noch zusätzlichen gewerkespezifischen Input mit an.
Beispiele für viel genutzte Apps:
Gängige gewerkeoffene Apps sind beispielsweise Zubido.de, Azubiheft.de oder Digitales Berichtsheft von Hawis.
Auf Basis von Zubido.de wurden beispielsweise Branchen-Apps für Elektroniker (E-zubi) und für Bäcker (Bäcker-App) entwickelt. Azubiheft.de dient als Grundlage für das Tischler-Schreiner-Heft und das BIV-Kaelte-Heft. Zudem nutzten viele Friseurbetriebe die Friseur-Berichtsheft-App, die Grundlage für Branchen-Apps in den Gewerken Metall, Dachdecker, Zimmerer, Augenoptiker oder Maler ist.
5. Diese Voraussetzungen müssen Betriebe erfüllen
„Die Erstellung und Beschäftigung mit dem Berichtsheft ist für Auszubildende generell Arbeitszeit“, sagt Claudia Scholz und verweist auf § 14 Abs. 2 des Berufsbildungsgesetzes. Zudem müssten Betriebe ihren Auszubildenden ein entsprechendes digitales Endgerät zur Verfügung stellen – sei es ein Tablet, ein PC im Büro oder ein Smartphone auf der Baustelle. Freiwillig können Azubis ebenfalls ein privates Endgerät verwenden.
Voraussetzung für die Nutzung der Apps ist zudem eine Internetverbindung. Das könne das WLAN im Betrieb sein genauso wie mobile Daten unterwegs oder ein Mobilgerät als Hotspot. Der Verbrauch mobiler Daten sei gering.
Der Wechsel vom handschriftlichen zum digitalen Berichtsheft sei ganz einfach und könne auch unterjährig erfolgen. „Im Prinzip können Sie sich von heute auf morgen für eine App entscheiden und wechseln“, sagt Scholz. Wichtig: Es dürfe keine Lücken im Berichtsheft geben und die zuständige Handwerkskammer müsse über den Wechsel hin zum digitalen Berichtsheft informiert werden.
6. Kosten und Zeitaufwand für Berichtsheft-Apps
Die Investition in eine geeignete App für Betriebe ist gering. „Die Kosten richten sich nach dem Umfang und der Version der App“, sagt die Projektleiterin. Die Basisversion, die im Prinzip alle Funktionen eines Berichtshefts digital abbilden, koste bei gängigen Anbietern ein bis drei Euro pro Azubi im Monat. Wer Premium-Versionen bevorzugt, die mit zusätzlichen Inhalten, Tabellen und anderen Funktionen angereichert werden können, zahle zwischen acht und zehn Euro im Monat für jeden Azubi.
Die Einarbeitungszeit sei ebenfalls gering. „Die meisten Apps mit ihren Funktionen sind selbsterklärend und bauen in der Anwendung aufeinander auf“, sagt Scholz. Meist haben Azubi, Ausbilder und andere Nutzer die Funktionsweise nach wenigen Stunden verstanden. Dennoch bieten viele Anbieter der Apps Erklärvideos an und bei Bedarf auch persönliche Unterstützung.
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