Auf einen Blick:
- Cannabis ist ein Rauschmittel wie Alkohol. Deshalb gelten am Arbeitsplatz gesetzlich zunächst dieselben Vorschriften.
- Wenn Sie Cannabiskonsum im Betrieb verhindern wollen, können Sie dies über Regelungen im Arbeitsvertrag, über eine Betriebsvereinbarung oder Ihr Direktionsrecht verbieten. Bei Verstößen können Sie dann abmahnen oder kündigen.
- Wichtig für Arbeitgeber ist zudem, die Gefährdungsbeurteilungen zu prüfen und zu ergänzen. Suchtmittelkonsum gilt als Gefährdungs- und Belastungsfaktor.
Seit dem 1. April ist es in Kraft: Das umstrittene Cannabisgesetz erlaubt in engen Grenzen den Konsum, Anbau und Besitz der Droge. Ein Thema, das auch für Arbeitgeber relevant ist. Fürsorgepflichten, Unfallverhütung und Gefährdungsanalysen sind betroffen. Doch worauf müssen Arbeitgeber im Einzelnen Achten? Rechtsanwalt Moritz Füser von der Kanzlei HMS Barthelmeß Görzel beantwortet die wichtigsten Fragen.
1. Kann ich den Cannabiskonsum am Arbeitsplatz verbieten?
Ja! „Grundsätzlich gilt für Cannabis dasselbe wie für Alkohol“, sagt Füser. „Arbeitgeber können über Regelungen im Arbeitsvertrag, über eine Betriebsvereinbarung oder ihr Direktionsrecht den Konsum im Betrieb untersagen.“
Für Arbeitgeber sei dies die einfachste und klarste Lösung, mit Cannabiskonsum umzugehen, so Füser. Denn wo kein klares Verbot gilt, darf zumindest theoretisch in der Pause ein Joint geraucht werden. „Arbeitnehmer dürfen sich zwar nicht in einen Zustand bringen, der die Erfüllung ihrer Arbeitsverpflichtung einschränkt, aber hier kommt es auf die Art und Weise der Tätigkeit an“, sagt der Anwalt. Wer im Büro arbeitet, „verträgt“ wahrscheinlich eher einen Joint, als der Kollege an der Kreissäge.
Probleme kann es zudem mit der Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) geben. Mitarbeitende, die erkennbar nicht in der Lage sind, eine Arbeit ohne Gefahr für sich oder andere auszuführen, dürfen demnach nicht mit dieser Aufgabe beauftragt werden. „Im schlimmsten Fall zahlt bei einem Unfall die Versicherung nicht“, warnt Füser.
Wichtig: Das Weisungsrecht gilt nur für den Arbeitsplatz. „Wer sich direkt vor dem Werktor einen Joint anzündet, darf das tun“, so Füser. Als Chef könne man dann beispielsweise nur verlangen, nicht in Arbeitskleidung zu kiffen.
2. Was tue ich, wenn ein Mitarbeiter bekifft zur Arbeit kommt?
Anders als bei Alkohol ist es nicht leicht zu erkennen, ob jemand Cannabis konsumiert hat und high ist. Diese Anzeichen deuten laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung auf Cannabiskonsum hin:
- Ein spezieller, mitunter als süßlich beschriebener Rauchgeruch,
- Schläfrigkeit,
- auffallende Gesprächigkeit oder Schweigsamkeit,
- übertriebene Albernheit,
- gerötete und/oder geschwollene Augen,
- verringerte Konzentration.
„Als Arbeitgeber sollten Sie handeln, wenn Sie den Eindruck haben, dass Ihr Mitarbeiter seine Arbeitsleistung nicht erbringen kann“, sagt Füser. „Sonst verstoßen Sie gegen Ihre Fürsorgepflicht und die Vorschriften der DGUV.“ Er rät, im Zweifel den Mitarbeiter nach Hause zu schicken und den Vorfall zu dokumentieren.
Denn: Streitet der Mitarbeiter den Cannabiskonsum ab, könnte nur ein Drogentest Sicherheit geben, um den berauschenden Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) nachzuweisen. Dieser muss in der Regel freiwillig erfolgen. „Das Recht auf körperliche Unversehrtheit ist ein Grundrecht“, erläutert Füser. „Da THC rechtssicher mit einem Bluttest nachgewiesen wird, wäre dieser Grundrechtseingriff in der Regel unverhältnismäßig.“
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3. Darf ich einem Mitarbeiter wegen Cannabiskonsum kündigen oder ihn abmahnen?
Ist im Betrieb das Kiffen verboten, können Sie Verstöße auch arbeitsrechtlich ahnden. Außerdem: „Wer seine Arbeitsleistung wegen Drogenkonsums nicht erbringen kann, verletzt seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen“, stellt Füser klar. „Auch dann können arbeitsrechtliche Mittel zum Einsatz kommen.“
Eine Abmahnung oder sogar eine Kündigung wäre denkbar, wenn der Verstoß dies rechtfertigt. Der Rechtsanwalt empfiehlt, Verstöße oder andere Vorfälle genau zu dokumentieren. Wichtig sei die Unterscheidung: „Eine Abmahnung zielt auf eine Verhaltensänderung für die Zukunft ab. Eine Kündigung hingegen kann ausgesprochen werden, wenn es eine schlechte Zukunftsprognose gibt und dem Arbeitgeber eine weitere Zusammenarbeit daher nicht zugemutet werden kann“, erläutert Füser.
4. Muss ich die Gefährdungsbeurteilungen für meinen Betrieb anpassen?
„Ein großer Teil der Arbeitsunfälle – zwischen 15 und 20 Prozent – geht auf Alkohol zurück“, sagt Füser. „Rauschmittel sollten daher in den Gefährdungsbeurteilungen berücksichtigt werden.“ Die Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie stuft Suchtmittelkonsum zudem in ihrem Merkblatt „Gefährdungsbeurteilung Gefährdungskatalog“ als Gefährdungs- und Belastungsfaktor ein.
Rechtsanwalt Füser empfiehlt daher, bestehende Dokumente zu prüfen, ob sie um Cannabis als Gefährdung ergänzt werden müssen. „Ist allgemein von Rauschmitteln die Rede, reicht das aus“, so Füser. Betriebe sollten zudem über Auswirkungen des Konsums informieren.
5. Gelten besondere Regelungen für minderjährige Auszubildende?
Für Jugendliche unter 18 Jahren bleibt der Konsum und Besitz von Cannabis weiterhin verboten. Gleichzeitig gilt für minderjährige Auszubildende eine erweiterte Fürsorgepflicht. Das Jugendarbeitsschutzgesetz schreibt vor, dass Arbeitgeber bei Jugendlichen in besonderer Weise auf den Schutz der Gesundheit und die körperliche, geistige und seelische Entwicklung achten müssen.
Das hat Folgen im Zuge der Cannabis-Legalisierung. „Ausbilder können jetzt schnell in Konflikt mit dem Gesetz kommen“, warnt Anwalt Füser. „Denn wer Cannabis weitergibt, was ja weiterhin untersagt ist, und dabei erwischt wird, verliert seine Ausbildungsberechtigung.“
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