Was muss passieren, damit Ihre Kundin sagt: „Wie geil ist das denn?“
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Was muss passieren, damit Ihre Kundin sagt: „Wie geil ist das denn?“

Marketing

Die JTBD-Methode: Was wollen Ihre Kunden wirklich?

Höhere Umsätze, schnell mehr Liquidität oder ein neues Produkt? Die Jobs-to-be-done-Methode bringt Ihre Ziele mit den Wünschen Ihrer Kunden in Einklang.

Auf einen Blick:

  • Die Jobs-to-be-done-Methode ist eine Marketingstrategie. Sie geht davon aus, dass Kunden etwas kaufen, was ihnen einen funktionalen, emotionalen oder sozialen Nutzen bringt.
  • Im Mittelpunkt stehen intensive Kundeninterviews, die Ihnen einen Perspektivwechsel ermöglichen: Welchen Nutzen (= Job) erwarten Ihre Kunden von Ihrem Produkt oder Ihrer Dienstleistung? So können Sie Ihre Angebote anpassen und Ihren Umsatz steigern – auch im Handwerk.

Was wollen Kunden wirklich? Ein Produkt, zum Beispiel eine neue Heizung? Oder eine Dienstleistung, wie eine Wartung aller Fenster? Weder noch, sagt Peter Rochel, Gründer der Beratungsgesellschaft Oberwasser Consulting. „Die Kunden wollen sich zuhause behaglich fühlen.“

Was ist die Jobs-to-done-Methode?

Rochel ist Experte für die so genannte Jobs-to-be-done-Methode (JTBD), die er seit 2006 in Unternehmen vieler Branchen umsetzt. Diese Marketingstrategie geht davon aus, dass Kunden nicht in erster Linie ein Produkt oder eine Dienstleistung kaufen, sondern dass sie einen Job zu erledigen haben, also am Nutzen des Angebots interessiert sind. Wer eine Bohrmaschine kauft, will nicht in erster Linie eine Bohrmaschine besitzen oder hat Spaß daran, Löcher in die Wände bohren. Er will ein Bild oder ein Regal aufhängen. Diesen Job will er mit Hilfe der Bohrmaschine erledigen.

Die Idee ist, den Kunden diesen Nutzen gezielt anzubieten. Doch eignet sie sich auch fürs Handwerk? „Die Jobs-to-be-done-Methode kann jeder Betrieb anwenden, egal ob Konzern oder soloselbstständiger Handwerker“, sagt Rochel. „Der Kern ist, einen konsequenten Perspektivwechsel vorzunehmen und zu verstehen, welchen Job die Kunden von meiner Dienstleistungen oder meinem Produkt erledigt haben wollen.“ Oder anders ausgedrückt: „Was muss passieren, damit der Kunde sagt: Wie geil ist das denn?“

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Schritt 1: Das Ziel klären und Annahmen formulieren

Im Zentrum der Jobs-to-be-done-Methode stehen der Nutzen, den das Angebot bieten kann, und die Frage, ob die Kunden ihn tatsächlich brauchen oder wollen. Wie aber findet man das heraus?

Zunächst müsse ein Unternehmen sein eigenes Ziel klären, sagt Rochel. „Was soll erreicht werden? Brauche ich schnell Liquidität? Will ich meine Umsätze langfristig erhöhen? Will ich neue Kundengruppen erschließen? Oder ein neues Produkt in den Markt bringen?“

Ein Beispiel: Rochel beriet einen Heizungsbauer, dessen Betrieb trotz hoher Auslastung in Liquiditätsprobleme kam. „Das Ziel war also, schnell an Geld zu kommen.“ Eine kurze Bestandsaufnahme zeigte: Das ließ sich am besten über den kurzfristigen Verkauf teurer moderner Heizungssysteme erreichen. Die Monteure allerdings, die die Heizungen einbauen konnten, waren auf Monate ausgelastet. „Die Aufgabe lautete also: Welches Angebot ist so attraktiv, dass Kunden jetzt eine teure Heizung bezahlen, sie aber erst in drei Monaten bekommen – und was muss ich dabei unbedingt beachten, damit die Kunden langfristig begeistert sind und mir das Ganze nicht um die Ohren fliegt?“, berichtet Rochel.

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Schritt 2: Die Jobs verstehen

In einem Workshop klärte Rochel mit dem Betrieb die verschiedenen möglichen Nutzen, die ein Kunde mit einer neuen Heizung verbindet: „Welchen Job soll eine neue Heizung erledigen, außer einfach die Wohnung zuverlässig warm zu bekommen?“

Der Job oder der Nutzen eines Angebots könne sehr unterschiedlich sein, sagt der Marketingexperte: funktional, emotional oder sozial. Beim Beispiel neue Heizung überwiegt der funktionale Nutzen: ein zuverlässig warmes Haus. Ein zusätzlicher funktionaler Nutzen ergibt sich, wenn die Heizung besonders effizient arbeitet, also am Ende Kosten spart.

Es kann auch einen emotionalen Nutzen geben: Wenn die neue Heizung erneuerbare Quellen nutzt, schütze ich das Klima und kann deswegen ein gutes Gewissen haben. Der soziale Nutzen könnte wiederum darin bestehen, von den anderen als besonders umweltbewusst und fortschrittlich wahrgenommen zu werden.

Schritt 3: Annahmen treffen

„Wir haben in unserem Workshop die Annahme getroffen, dass die Kunden vor allem Heizkosten sparen wollen. Wenn dieser Nutzen erfüllt ist, darf die Heizung auch mehr kosten. Es muss nur absehbar sein, dass sie sich amortisiert“, sagt Rochel.

Dann galt es, Hindernisse zu identifizieren, die den Kunden vom Kauf abhalten. „Moderne Heizungsanlagen sind teuer, werden aber vom Staat bezuschusst. Allerdings haben nur wenige Menschen Zeit und Lust, sich damit auseinanderzusetzen und verschieben eine Kaufentscheidung. Deshalb wurde ein Fördermittelservice mit ins Angebot aufgenommen und den Kunden die höchstmögliche Fördersumme garantiert“, berichtet Rochel.

Der Betrieb nahm zudem an, dass Kunden, die eine neue Heizung brauchen, eigentlich nicht auf sie warten wollen. Schließlich könnte sie die alte Anlage im ungünstigsten Moment im Stich lassen. „Also kam ein Checkup für die alte Heizung mit ins Angebot und die Garantie, im Havariefall innerhalb von 12 Stunden das Haus warm zu bekommen und innerhalb von einer Woche die neue Heizung zu installieren“, so der Marketingexperte. Die dreimonatige Wartezeit sollte außerdem mit der Möglichkeit einer Großbestellung und daher niedrigeren Anschaffungskosten erklärt werden.

„Die JBTD-Methode passt für jeden Betrieb“, sagt  Marketing-Experte Peter Rochel.
Foto: Peter Rochel
„Die JTBD-Methode passt für jeden Betrieb“, sagt Marketing-Experte Peter Rochel.

Schritt 4: Kunden befragen

Üblicherweise folgen jetzt bei der Jobs-to-be-done-Methode vertiefte Kundeninterviews. „Dabei geht es nicht darum, einen Fragebogen auszufüllen, sondern ohne Suggestion die Kunden intensiv nach ihren Erwartungen an das Produkt oder die Dienstleistung zu befragen“, sagt Rochel.

Das sei nicht einfach, professionelle Hilfe deshalb angeraten. Die Schwierigkeit bestehe darin, den emotionalen oder sozialen Nutzen herauszufinden, weil er den Kunden oft gar nicht bewusst ist. Deshalb sei die Fragetechnik entscheidend.

Ziel der Interviews ist herauszufinden, ob der Nutzen, den der Betrieb in seiner Annahme vorausgesetzt habe, auch tatsächlich dem Bedürfnis der Kunden entspricht – und welche Bedürfnisse sie außerdem haben. „So werden die blinden Flecken ausgeleuchtet, an denen der Betrieb sonst nur Vermutungen anstellt und vielleicht von völlig falschen Annahmen ausgegangen ist“, erklärt Rochel.

Der Marketingexperte empfiehlt, nicht die Lieblingskunden zu befragen, sondern Erst- oder ehemalige Kunden, um wirklich Neues zu erfahren. In der Regel seien zehn gut einstündige Interviews nötig, allerdings ergebe sich oft schon nach fünf bis sieben Gesprächen ein Muster.

Im Fall des Heizungsbauers war allerdings dafür keine Zeit. „Wir haben das Angebot gestrickt und er ist dann gleich los damit zu den Interessenten“, berichtet Rochel. Mit durchschlagendem Erfolg: „Der Inhaber war fassungslos, weil alle drei Kunden, mit denen er am ersten Tag sprach, sofort unterschrieben.“

Schritt 5: Auswerten und das Angebot anpassen

Den Interviews folgt eine Auswertung und die Anpassung an die Kundenbedürfnisse. „Die müssen gar nicht unbedingt mit dem Angebot zu tun haben, können aber trotzdem kaufentscheidend sein“, so Rochel. Wenn Kunden beispielsweise Wert auf eine saubere Wohnung legten, könnten die eingebauten Heizungen noch so gut sein, „wenn die Handwerker dann einen Saustall hinterlassen, gibt es für diesen Betrieb keine Weiterempfehlung“.

Aufschlussreich können die Interviews auch für das schriftliche Angebot sein: Welche Informationen wünscht sich der Kunde? „Wenn ich weiß, was den Kunden wichtig, schreibe ich das vorn ins Angebot, zum Beispiel eine Garantie, dass am Ende alles wieder ordentlich hinterlassen wird“, sagt Rochel. Mit den üblichen „Material- und Preislisten“ könnten die meisten Kunden ohnehin nichts anfangen. „Dann schauen sie am Ende nur auf die Zahl rechts unten, weil sie sonst nichts verstehen, und versuchen den Preis zu drücken.“

Schritt 6: Dranbleiben

Kundenwünsche verändern sich, die Situation des Betriebs kann sich von einem Tag auf den anderen drehen, wie etwa in der Corona-Krise. „Die Jobs-to-be-done-Methode ist nicht etwas, das man nur einmal ausprobiert und dann nicht mehr braucht“, sagt Rochel. Man müsse dranbleiben und üben, um immer wieder den Perspektivwechsel in die Kundensicht zu vollziehen. „Am Anfang kostet es Zeit und ist anstrengend, aber mit Übung und Praxis läuft es irgendwann automatisch“, ist Rochel überzeugt.

Wer mal reinhören möchte: In seinem Podcast berichtet Peter Rochel ausführlich über den Fall des Heizungsbauers.

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